FREITAG, DEN 2. SEPTEMBER 2016 ALTKREIS NORDEN E/A OSTFRIESEN-ZEITUNG, SEITE 22 Semco Maritime eröffnete Niederlassung WIRTSCHAFT Neuer Offshore-Service-Dienstleister bezog gestern Büroräume in Norddeich Das Unternehmen startet zunächst mit vier Ar- beitsplätzen. Einen ersten Auftrag unterzeichneten die Dänen direkt bei der Eröffnungsfeier. VON OLE CORDSEN NORDDEICH - Ein weiterer Offshore-Service-Dienstleister hat sich in Norddeich niedergelassen: Das dänische Unternehmen Semco Maritime hat gestern mit etwa 50 geladenen Gästen die Gründung seiner Deutschland-Niederlassung gefeiert. Das Unternehmen hat Büros im Gebäude der Norddeicher Schiffswerft bezogen. Das Unternehmen hat die Technik für 17 der 44 NordseeWindpark-Umspannwerke geliefert und will von Norddeich aus insbesondere Service-Dienstleistungen rund um die Wartung dieser Umspannwerke anbieten. Zunächst plant Semco Maritime für den Standort in Norddeich mit vier Arbeitsplätzen. Die Zahl könne aber rasch steigen, sobald man entsprechende Aufträge eingeworben habe, sagte Bertold Fechte, Projektmanager bei Semco Maritime. Zur Feier waren auch Carsten Nielsen, Vizepräsident bei Semco, Semco-Maritime-Vizepräsident Carsten Nielsen (links) und Nordsee-One-Geschäftsführer Tim Kittelhake unterzeichneten gestern am Rande der Eröffnungsfeier in Norddeich eine Service-Partnerschaft. BILD: FECHTE und der Chef des Service-Ge- Nielsen zeigte sich dabei Unternehmen im Vorfeld der schäfts im Konzern, Bjarne überaus dankbar darüber, Ansiedelung erfahren habe – Christensen, gekommen. wie viel Unterstützung sein sowohl von der Stadt Norden als auch von Kammern, Verbänden und Unternehmen aus der Region. Einen ersten Auftrag konnten die Dänen direkt zur feierlichen Eröffnung unterzeichnen – mit der Betreibergesellschaft des OffshoreWindparks Nordsee One: Semco Maritime übernimmt die Wartung des Umspannwerkes dort. „Wir haben auch dafür die Technik geliefert, unsere Spezialisten haben die Konstruktionsphase begleitet und kennen jede Schraube“, sagte Fechte. Die Nordsee One GmbH sitzt, wie berichtet, im selben Gebäudekomplex wie Semco Maritime, hat dort aber ein eigenes Bürogebäude sowie eine große Hallenfläche gemietet. Man hoffe zudem auf eine enge Partnerschaft mit dem ebenfalls aus Dänemark stammenden und in Norddeich niedergelassenen Energiekonzern Dong für die Wartung der Umspannwerke und für seine bald vier Windparks auf See vor der deutschen Nordseeküste. „Mittelfristig wollen wir unser Angebot auch um die Anschlusstechnik von Windkraftanlagen erweitern“, sagte Fechte. „Zunächst sind wir jetzt aber froh, dass es losgeht – und zuversichtlich, dass wir uns erfolgreich entwickeln.“ ✦ KURZ NOTIERT Vortrag im Rummel NORDEN - „Kaiser Nero“ lautet der Titel eines Vortrags, zu dem der Freundeskreis des Norder Museums für Donnerstag, 8. September, ab 19.30 Uhr in den Rummel des Ostfriesischen Teemuseums einlädt. Die Referentin Dr. Marion Roehmer gibt in diesem reich bebilderten Vortrag einen Einblick in das Leben von Nero. Tag der offenen Tür NORDEN - Der Hof Belvedere öffnet heute seine Pforten für die Öffentlichkeit. Anlass ist das 300-jährige Bestehen der Anlage, die die Kreisvolkshochschule heute als Jugendwerkstatt nutzt. Geöffnet ist von 11 bis 17 Uhr. Es gibt viele Aktionen. NOTDIENSTE Apothekendienst: ALTKREIS NORDEN - RatsApotheke Norden, Westerstraße 83, Telefon 0 49 31 / 33 22. DER DIREKTE DRAHT OZ-Redaktion Norden Am Markt 6, 26805 Norden MAO Medienagentur Ostfriesland GmbH Telefon 04931 93 18 20 Fax 04931 16 18 9 E-Mail red-norden@zgo.de Zwischen den Kulturen soll vermittelt werden EINRICHTUNG Seit gestern betreibt die Stadt Norden ein eigenes Integrationsbüro Henning Stern (links) und Aike Hausberg sind für das Büro zuständig. Wer Flüchtlingen hilft, kann dort Aufkleber mit einem Logo (siehe Bild) bekommen, um sein Engagement in der Flüchtlingsarbeit zu zeigen. BILD: HILLEBRAND Es soll 40 000 Euro pro Jahr kosten. Nicht nur Flüchtlinge sollen davon profitieren. NORDEN / HIB - Aller Anfang ist schwer. Das gilt vor allem für die rund 800 Flüchtlinge, die derzeit in Norden leben. Zwar gibt es viele Ehrenamtliche, die bei der Integration helfen, aber auch sie stoßen irgendwann an ihre Grenzen. Aus diesem Grund hat die Stadt gestern ein Integrationsbüro (IB) eröffnet. Es soll sowohl eine Anlaufstelle für Flüchtlinge als auch für ehrenamtliche Helfer sein. Außerdem wolle man den Neubürgern helfen, um zum Beispiel in Vereinen oder in der Feuerwehr Fuß zu fassen, sagte der Erste Stadtrat Hans-Bernd Eilers gestern im Rathaus. Betreut wird das IB von den beiden Nordern Aike Hausberg und Henning Stern. Hausberg ist seit Juli Verwaltungsangestellter bei der Stadt, Stern ist Flüchtlingsbetreuer und pensionierter Lehrer. Das Büro soll 40 000 Euro pro Jahr kosten. Dabei stelle es keine Paralleleinrichtung zu bestehenden Angeboten dar: „Wir füllen vielmehr die Lücken“, so Ei- lers. Unter anderem wird beispielsweise über ein offenes W-LAN-Netz für den Bereich zwischen der Westerstraße und dem Bahnhof nachgedacht. Dadurch soll es den Flüchtlingen einfacher gemacht werden, Kontakt mit ihrer Heimat aufzunehmen. Gleichzeitig sollen Einheimische und Touristen vom Gratisnetz profitieren. Außerdem soll ein „Integrationsmobil“, ein Kleinbus, angeschafft werden. Ehrenamtliche sollen ihn nutzen können, um Fahrten mit den Flüchtlingen zu unternehmen. Sponsoren können Werbeflächen auf dem Mobil kaufen. Darüber hinaus werden Sprachmittler unter den Zugezogenen gesucht, die schon etwas Deutsch können und beim Übersetzen helfen. Das IB kann man per E-Mail an integrationsbuero@norden.de oder telefonisch unter 0 49 31 / 92 34 77 erreichen. Es ist montags bis freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr sowie donnerstags zusätzlich zwischen 14.30 und 16 Uhr geöffnet. Voraussichtlich gegen Ende kommender Woche kann man auch persönlich vorbeikommen. Das Büro ist im Norder Standesamt, Am Markt 19, Erdgeschoss, Zimmer 1. 29. FORTSETZUNG Irgendwann hatte er zwar verstanden, dass es in diesem Spiel aus irgendeinem Grund nur Fünfzehn, Dreißig und Fünfundvierzig gab, aber sein verzweifelter Ansatz, einfach immer eine der drei Zahlen über den Platz zu schreien, hatte schließlich dazu geführt, dass er auch im Sommer in der Bibliothek Buch um Buch kopierte. „Es macht nichts, dass du nicht lesen kannst“, hatte der Abt damals beruhigend gesagt, „umso zuverlässiger kopierst du. Und deine Initialen sind wirklich schön.“ Das stimmte. Im Malen war er immer gut gewesen, und deshalb hatte er sich auch immer besonders gefreut, wenn er ein neues Kapitel anfangen und den Anfangsbuchstaben verzieren durfte. Und der Abt lobte ihn immer, auch wenn ihm manchmal ein kleiner Lapsus passierte und in seiner Kopie der Grillinger-Bibel Eva den Apfel statt von einer Schlange von einem Einhorn überreicht bekam, weil John Schlangen nicht leiden konnte und Einhörner niedlich fand, oder Kain Abel nicht mit einem Stein, sondern beim Backgammon schlug, weil John das Muster des Spielbretts so gut gefiel und er die Geschichten ja sowieso nicht lesen konnte. Ganz allgemein hatte er es nicht so mit Buchstaben gehabt. Womöglich hatte er deshalb damals, als er den bösen Katarrh bekommen hatte und sich aus den Kräutern im Klostergarten einen Heiltee hatte bereiten wollen, versehentlich zum Schierling gegriffen. Klar, da war ein Täfelchen gewesen, aber wer kommt denn auch auf den schwachsinnigen Gedanken, in einem Kloster tödliche Pflanzen anzubauen und sie dann bloß mit einem blöden Täfelchen zu kennzeichnen, statt sie vernünftig einzuzäunen? Das war dann vielleicht auch der Grund gewesen, wieso Jehudi ihn nach seinem recht überraschenden Tod in die Buchhaltung gesetzt hatte. Weil er angenommen hatte, dass er dann vielleicht gut mit Zahlen umge- HERR MÜLLER, DIE VERRÜCKTE KATZE UND GOTT ROMAN VON EWALD ARENZ Copyright © 2016 by ars vivendi verlag GmbH & Co. KG, Cadolzburg hen konnte. John hatte ziemlich schnell herausgefunden, dass Jehudi sich da offensichtlich massiv geirrt hatte. „Sagt mal“, fragte er Abu und Mohammad schwach, „wollt ihr beide das vielleicht machen, und ich hole uns so lange einen Kaffee? Wäre das in Ordnung?“ Mohammad sah ihn erstaunt an. „Aber das ist doch wirklich ganz leicht“, sagte er, griff über Johns Schulter und tippte ein paar rasche Zahlenfolgen ein. Auf dem Bildschirm erschien ein Ergebnis. „Wie machst du das?“, fragte John verzweifelt. „Wie geht das?“ „Wie unglaublich unsensibel du bist“, meinte Abu vorwurfsvoll zu Mohammad, „ich sage doch, du hast es ihm falsch erklärt.“ John überlegte. Das dauerte normalerweise, aber dies- mal hatte er einen Geistesblitz. „Ich hole uns auch noch was Süßes“, schlug er vor, „ein paar Franzbrötchen, und ihr macht hier so lange ein bisschen weiter, ja?“ „Was sind Franzbrötchen?“, fragte Mohammad. „Das einzig Gute daran, dass wir den Himmel nach Hamburg verlegt haben“, lächelte John das erste Mal seit Tagen, „du wirst schon sehen.“ Er stand von seinem Sessel auf, und nach kurzem Zögern setzte sich Mohammad. Abu zog sich einen Hocker heran. John gürtete seine Kutte. „Bis gleich“, verabschiedete er sich vergnügt und schlurfte in seinen Sandalen davon. Mohammad starrte konzentriert auf den Bildschirm und die Zahlen, die sich ständig veränderten. Namen und Geburtsdaten und Sterbetage rauschten in atemberaubender Geschwindigkeit über den Bildschirm, füllten Tabelle um Tabelle und Datei um Datei. „Boah“, sagte Abu beeindruckt, „auf die Nanosekunde genau. Aber hallo!“ Mohammad war auch beeindruckt. „Es ist zehn Uhr morgens, und wir haben bereits siebenundsechzigtausend Tote. Da verliert man schon ein bisschen den Glauben an Selbstmordattentate. Ich meine, so als Einzelner, was kann man da schon tun?“ Abu rollte neben Mohammad. Er langte über seine Schulter und tippte auf eine Taste. „Ey“, sagte Mohammad gereizt, „lass das, ja?“ Abu deutete auf den Bildschirm, auf dem eben die Dateien umgesprungen waren. „Schau mal“, sagte er, „schon hundertvierundvierzigtausend Geburten heute. Stimmt schon. Und vor allem Ungläubige. Chinesen und Hindus und so. Bitter, oder? Ey, lass das mal!“, rief er dann. Mohammad hatte auf die Todesfälle zurückgeschaltet. „Wir haben John verspro- chen, das hier in den Griff zu kriegen“, antwortete Moham- mad giftig, „hör jetzt auf, mich abzulenken.“ Abu drängte Mohammads Sessel mit dem seinen etwas zur Seite und tippte auf die Umschalttaste. „Ich habe ihm gar nichts versprochen!“, erklärte er hit- zig. „Wie bist du eigentlich drauf? Das ist ein Christen- mönch, und du hilfst ihm?“ Mohammad holte Schwung und rammte Abus Hocker, der zwei, drei Meter wegrollte. „Hast du’s immer noch nicht kapiert?“, fuhr er ihn an. „Wir sind in irgendeinem Jen- seits, wo das alles keine Be- deutung mehr hat! Sieh dir das doch mal an!“ Er wies auf die gleichmäßig rauschenden Zahlen der Toten. „Das hier ist alles ganz anders. Viel größer! Und irgendwie wächst in mir das ungute Gefühl, dass die Unterschiede da unten hier oben gar nichts bedeuten.“ FORTSETZUNG FOLGT
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